Das späte Glück des Herrn Krause

Erfundene Geschichten rund um das große Geschäft bei den Mädels. Hier könnt Ihr Eurer Fantasie freien Lauf lassen!
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bluemoon Verified
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Das späte Glück des Herrn Krause

Beitrag von bluemoon Verified »

Herr Krause wartete.

Nicht ungeduldig oder gar in Eile.
Nein, das hatte er längst hinter sich!

Warten bedeutete für Herrn Krause das Warten auf ein Glas Wasser. Warten auf die nächste Mahlzeit. Warten, dass eine Schwester das Zimmer lüftete. Warten, dass jemand kam, der ihn ins Bad begleitete.
Warten auf den Schlaf.
Warten auf den Tod.

Seit ein paar Jahren ging das schon so.
Genauer: Seit er im März 2004 in das private Altersheim übersiedelt war. „Altersheim“ war natürlich das falsche Wort, wie der Manager nicht müde wurde, bei jeder Ansprache zu betonen. Der richtige Begriff dafür war Herrn Krause gerade entfallen. Der „Manager“ war bis vor Kurzem ja auch nur ein schlichter Pflegeheimleiter und die Insassen - Pardon: Bewohner! - waren inzwischen zu „die geschätzten Kunden unserer Residenz“ mutiert.
„Zahlende Alte“ wäre ehrlicher, fand Herr Krause.
Und ja! Dies war schließlich kein schäbiges städtisches Altersheim, in dem es in den Gängen nach Pisse roch, demente Bewohner auf harten Stühlen in der Sitzecke Löcher in die Luft starrten und mindestens einmal pro Woche der Leichenwagen kam, um wieder ein Bett freizumachen.
Dieses Etablissement war ein privat finanziertes, wohlhabendes und renommiertes Altersheim! Jeder hatte sein eigenes Zimmer, manche sogar eine Suite. Demente Bewohner saßen in bequemen Sesseln und starrten in der Sitzecke Löcher in die Luft. Mindestens einmal in der Woche kam der Leichenwagen, um wieder ein Zimmer oder eine Suite freizumachen und in den mit farbenfrohen Teppichen ausgelegten Gängen stank es nach Pisse …

Und es gab noch weiteren Luxus: Der Personalschlüssel war höher. Deutlich höher. Das Pflegepersonal trug hier keine weißen Kittel, sondern weiße Hosen und weiße Shirts und zumindest die leitenden Angestellten sprachen sogar deutsch.

Es klopfte und gleichzeitig wurde die Tür aufgerissen.
„Herr Krause, wir sind gekommen, um sie ins Bad zu begleiten!“, brüllte ihm die stämmige Oberschwester (Pflegeleiterin? Dienstleiterin?) mit einem strahlenden Lächeln zu, als ob Sie ihm ein Auto verkaufen wollte. Eigentlich waren seine Ohren noch ziemlich in Ordnung, was sicher nicht jeder 87-Jährige von sich behaupten konnte. Hinter ihrem breiten Rücken versteckte sich ein kleines Mädchen, ebenfalls in Weiß gekleidet.
War heute der Kindergarten wieder zu Besuch?
„Nadja, unsere Praktikantin, bleibt dann bei ihnen“, trompetete die was-auch-immer-Leiterin.
Ach ja, die Kleine war ja gar nicht mehr so klein. Immerhin rauchten sie regelmäßig heimlich zusammen, wie er sich mühsam erinnerte. Und hübsch gebaut war sie! Wenn er noch - er rechnete kurz im Kopf - etwa 70 Jahre jünger wäre … Oh je! Diesen Gedanken sollte er lieber nicht weiterverfolgen.

Mit routinierten Handgriffen wuchteten die beiden ihn aus seinem Sessel, stellten ihn vor den Rollator und schoben ihn ins Bad. Vor dem Waschbecken ließ er sich ächzend auf einen Hocker sinken. Die Oberschwester drückte ihm eine Zahnbürste in die Hand.
Darauf bestand er: Wenigstens die Zähne konnte er noch selbst putzen, wenn es auch schon lange nicht mehr seine eigenen waren.
Als er aufschaute, verfluchte er wie jeden Tag den blank polierten, rundum hell erleuchteten Spiegel, der ihm sein Gesicht in allen unerfreulichen Einzelheiten zeigte. Angewidert fixierte er stattdessen den Seifenspender auf dem Waschbeckenrand.

„Ich gehe jetzt, Herr Krause“, röhrte die Schwester so laut, dass seine Gebissplatte vibrierte. „Nadja bleibt bei ihnen, bis sie fertig sind.“
Vor Kurzem war Herr Krause gestürzt und es hatte einige Zeit gedauert, bis man ihn gefunden hatte. Seitdem musste immer jemand bei ihm bleiben, wenn er nicht im Sessel saß oder im Bett lag. Vermutlich hatte sich der Betrag deutlich erhöht, der monatlich von seinem Konto abgebucht wurde. Aber das war ihm gleich. Das Sümmchen auf der Bank würde auch bei doppelter Belastung noch mindestens weitere 87 Jahre reichen und rein statistisch gesehen war das völlig ausreichend.

Kaum war die Tür hinter der wuchtigen Schwester ins Schloss gefallen, als die Praktikantin mit einem Hüsteln auf sich aufmerksam machte. Im Spiegel begegneten sich die Blicke der beiden und sie grinste ihm verschwörerisch zu.
Herr Krause fühlte sich sofort 20 Jahre jünger - ach was, mindestens 50, verdammt! - und nickte auffordernd.
Das Mädel huschte ins Zimmer zurück, warf sich auf den Boden und kroch unter das Bett. Mit einer zerknautschten Packung Gauloises tauchte es wieder auf, schüttelte zwei Zigaretten heraus und versteckte die Schachtel wieder sorgfältig.

Krause war mit dem Zähneputzen inzwischen fertig und spülte sich den Mund.
Nadja hatte wie immer ein Feuerzeug einstecken, zündete wortlos die erste Fluppe an, nahm einen Zug und steckte Krause dann den Filter in den Mundwinkel. Er überließ ihr gerne das Anzünden. Zum einen war der Zündmechanismus eines Feuerzeugs ziemlich fummelig für seine arthritischen Finger. Zum anderen war es einfach schön, den Lippenabdruck von so einem jungen Ding auf dem Filter zu wissen. Es war zwar nicht gerade ein Kuss, aber immerhin!

Nadja öffnete weit das Fenster zum Innenhof und hockte sich - ebenfalls wie immer - hinter ihn auf den Klodeckel, inhalierte tief und ruhig.
Auch das mochte er an Nadja.
Worte waren zwischen ihnen überflüssig. Nadja konnte eine ganze Zigarettenlänge lang schweigen, ohne zu plappern oder ihm gar ins Ohr zu schreien wie die Oberschwester. Das mochte natürlich auch daran liegen, dass sie kein Wort deutsch sprach - aber egal!
Schweigend genossen sie gemeinsam das Rauchverbot, suchten zwischendurch Blickkontakt im Spiegel. Nadja beugte sich immer wieder einmal über seine Schulter und streifte die Asche im Waschbecken ab.

Krause wartete.

Und wirklich: Mit einem wie immer entschuldigenden Blick legte das Mädchen die angerauchte Zigarette auf den Waschbeckenrand, zog den Duschvorhang vor und öffnete den Toilettendeckel.
Heute hatte sich aber der Vorhang an der Deckenhalterung verhakt. Sachte schwang er wieder ein Stückchen zurück und so konnte Krause im Spiegel zusehen, wie Nadja Gürtel, Knopf und Reißverschluss öffnete. Ein kurzer Blick auf einen knapp sitzenden schwarzen Slip, die Ahnung eines dunklen Haarbuschs. Dann sah er hübsch geformte nackte Knie und darunter die geraffte weiße Hose.
Ein geräuschvolles, lang anhaltendes Plätschern.
Als Nächstes müsste er nun das Geräusch von Papier hören. Aber da kam nichts.
War er jetzt doch taub geworden?
Nein, nun vernahm er stattdessen ein ersticktes, angestrengtes Stöhnen.
Nadja beugte sich vor, sah ihn verlegen im Spiegel an und murmelte etwas Unverständliches.
Ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war es wohl „Entschuldigung“ auf Russisch.
Sie beugte sich wieder zurück und zog erneut den Vorhang vor. Diesmal leider etwas weiter.

Verblüfft wartete Krause.
Dann schwang sich sein träger Gedankenapparat zu neuen Höchstleistungen auf: Einer Eingebung folgend, nahm er die glimmende Kippe vom Rand und reichte sie zuvorkommend nach hinten.

Prompt erschien eine Hand hinter dem Vorhang und nahm die Zigarette entgegen. Nadjas Gesicht erschien ebenfalls und nickte ihm dankbar grinsend zu, wobei sich der Vorhang wieder öffnete.

Sie zog ihn nicht wieder zu.

Krause konnte sie im Spiegel vom Scheitel bis zu den Knöcheln sehen, wie sie da zurückgelehnt saß, die Fluppe lässig zwischen zwei Fingern. Ab und zu verzog sich ihr Gesicht, während sie offensichtlich kräftig drückte.
Wieder hatten sie Blickkontakt und verstanden sich per Gedankenübertragung.
Nadja grinste unverschämt. Sicher wusste sie ganz genau, wie sehr er die Situation genoß. Aber auch sie schien es zu genießen, von ihm beobachtet zu werden.

Irgendwann biss sie sich auf die Unterlippe.
Krause hörte ein dumpfes „Plopp“, als etwas Hartes auf das Porzellan purzelte.
Das Mädchen spreizte die Schenkel und presste angestrengt.
„Plopp-Plopp“ und kurz danach noch ein paar Mal.
Nadja blickte ihm in die Augen, zuckte hilflos und entschuldigend die Schultern und beugte sich weit nach vorn.
„Pffffffff“ zischte es hinter ihr.
Aufatmend lehnte sie sich wieder zurück und zog an der Zigarette.

Obwohl das Fenster offen stand, verbreitete sich ein anregender Geruch im Raum.
Sie rauchte in Ruhe zu Ende und ließ die Kippe zwischen ihren Beinen ins Klo fallen, wo sie zischend erlosch.
Dann riss sie mehrmals Papier ab und wischte sich den Po.
Fasziniert beobachtete Krause, wie sie die Papierchen hinten durch den Spalt zog, nach vorne holte, aufmerksam musterte und dann wie die Zigarette zwischen ihren Schenkeln verschwinden ließ.

Schließlich stand sie auf, zog sich seelenruhig wieder an und trat neben ihn. Sie beugte sich über ihn, wusch sich die Hände und spülte dabei auch die Asche in den Abfluss des Waschbeckens. Dann ging sie hinüber ins Zimmer und begann, das Bett frisch zu beziehen.

Krause stemmte sich hoch, schnappte seinen Rollator und schob ihn zum Klo hinüber.
Im Flachspüler lag eine lange braune Wurst, umgeben von harten Köttelchen. Er hatte einen unverstellten Blick auf das Werk, da Nadja das verwendete Papier vorne in den Ablauf entsorgt hatte. Eine Weile stand er noch da und genoss den Anblick, als schon wieder die Türe aufgerissen wurde.
Diesmal ohne Anklopfen.
Der Oberpflegedrachen rauschte herein.
„Herr Krause! Haben Sie wieder geraucht? Sie wissen doch, dass sie das nicht dürfen.“
Er starrte sie verwundert an, ganz die Unschuld in Person.
Die Situationen, in denen beginnende Demenz und Taubheit ihre Vorteile hatten, waren sehr spärlich gesät. Er fand, dass er sie deshalb nutzen durfte, wenn sie sich ihm boten.
„Wo haben Sie bloß die Zigaretten versteckt?“

Mühsam schlurfte er in Richtung Zimmer.
Das Pflege-Dienst-Leitungs-was-auch-immer-Weib schoss an ihm vorbei ins Bad und schlug das Fenster zu. An der Toilette blieb sie verblüfft stehen.
„Sie haben vergessen zu spülen, Herr Krause!“
Entgeistert betrachtete sie den Haufen.
„Du meine Güte, mit dem Stuhlgang hat es heute ja gut geklappt, nicht wahr?“, wunderte sie sich und drückte die Spülung.

Krause legte sich zufrieden ins frisch gemachte Bett. Im Hinausgehen zwinkerte ihm das junge Ding noch einmal zu.
Wie hieß sie noch gleich? Natascha? Nadine?
Egal. Morgen würde er sie bestimmt von Neuem kennenlernen.
Er konnte schließlich warten.
TheMagician97
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Re: Das späte Glück des Herrn Krause

Beitrag von TheMagician97 »

Tja, mit 87 Jahren, da fängt das Leben an...
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