Ich denke es wird langsam Zeit, ein wenig aufzudrehen
Kapitel 6
Sarah saß in der Küche vor eine Tasse Tee und seufzte erleichtert. Es war kurz nach halb 9 am Abend und die erste freie Minute, die sie seit dem Aufstehen heute morgen hatte. Obwohl sie mit so wenig wie möglich Gepäck umgezogen war, wurde der Tag am Ende doch viel anstrengender als gedacht. Sie hatte nur zwei große Koffer mit Kleidung und zwei Kisten mit persönlichen Sachen, ihren Laptop und ihr Tagebuch nach München mitgenommen. Gerade so viel, wie in ihren Twingo passte, den Rest hatte sie in der elterlichen Wohnung in Berlin gelassen. Für ihre Eltern war es in Ordnung, sie hatten schließlich auch nur eine Tochter, und Sarah freute sich, dass sie ihr Zimmer zu Hause für Besuche behalten durfte und heute nicht so viel schleppen musste. Außerdem würde sie hier in der WG ja auch nicht so viel brauchen: Das Zimmer war möbliert, die Küche voll ausgestattet, und sie war jetzt auch nicht so die Tussi die Schuhe in Massen sammelte.
Den Mietvertrag und die "WG-Ordnung" hatte Sarah noch am Tag von Lisas Mail unterschrieben und zurückgesendet. Allerdings vergingen bis zum heutigen Umzug noch einige Wochen, die ein echtes Wechselbad der Gefühle waren. Sarah war hin- und hergerissen zwischen Aufregung, Vorfreude und auch ein wenig Angst. Es gab Tage, da hatte sie regelrecht Panik, dass sie sich in ihren Gedanken und Erwartungen verrannte und alles nachher total langweilig werden würde, und wieder andere Tage, an denen sie befürchtete, dass Lisa und Max durchgeknallte Freaks wären und ihr etwas zustoßen könnte. Nun fiel die ganze Anstrengung allmählich von ihr ab und sie war einfach nur froh, dass sie jetzt endlich hier saß und Licht ins Dunkel kommen würde. Während sie so ihren Kaffee schlürfte sah sie sich zum ersten mal in aller Ruhe um: Die Küche war viel kleiner als sie es von der Besichtigung in Erinnerung hatte. Die Kochzeile wirkte, als hätte man sie in die Ecke gedrängt, und an dem Tisch konnte man gerade einmal zu dritt sitzen, wobei es schon kuschelig werden würde. Wahrscheinlich wäre alles viel geräumiger und entzerrter, wenn man nicht mitten in den Raum diesen sperrigen, halb durchsichtigen Vorhang gequetscht hätte, hinter dem sich deutlich sichtbar Dusche und Toilette verbargen. Und noch etwas drängte sich in Sarahs Aufmerksamkeit: Es gab hier kein richtiges Fenster, nur so eine Dachluke, die man selbst im Stehen schwer erreichen konnte. Sie wurde rot als ihr klar wurde, was das bedeutete.
Mitten in diese Gedanken platzte nun Lisa, die schwungvoll die Tür öffnete. "Guten Abend!" sagte sie mit einem frechen Grinsen. Lisa und Max hatten sie heute bei der Ankunft schon freundlich begrüßt und ihr beim Tragen geholfen, und dabei einen ganz und gar unfreakigen Eindruck gemacht. Sarah fühlte sich sofort wohl. Max hatte sich direkt im Anschluss verabschiedet, er hatte wohl noch was mit einem Freund vor, und sie war nicht undankbar, heute erst einmal Lisa alleine kennen zu lernen. Frauen unter sich, das wäre doch ein guter Start, dachte sie. Sie ging automatisch davon aus, dass Lisa sich nun zu ihr an den Tisch setzen und ein bisschen plaudern würde, aber stattdessen ging diese geradewegs an ihr vorbei und ehe sich Sarah versah, zog sie den Vorhang beiseite, die Hosen herunter und lies sich mit einem geräuschvollen Seufzer auf die Kloschüssel fallen. Lisa machte nicht einmal Anstalten, den Vorhang wieder zu schließen, sondern pisste mit hartem Strahl auf die Keramik und lies kurz darauf einen feucht-schmatzenden Furz ab, gefolgt von einem weichen, satten Schmatzen in die Schüssel. Der Raum füllte sich mit einem süßen, fauligen Duft, der Sarahs Verstand in Watte zu packen schien. Sie saß kaum einen halben Meter entfernt am Tisch, hielt immer noch die Tasse in der Hand und starrte Lisa einfach nur an, während diese frech "Willkommen in der WG" säuselte und einen zweiten Furz abdrückte.
