Das musste die Haushälterin sein, die mir die Tür öffnete. Sie war jung, trug einen weißen, kurzen Kittel aus Leinen, wie ihn die Krankenschwestern trugen. Aber die schwarzen halterlosen Strümpfe, deren Spitzenbesatz unter dem Kittel hervorlugte, ließen erkennen, dass sie nicht unmittelbar dem medizinischen Personal angehörte. Ihr schwarzes glänzendes Haar trug sie im Stil der 1920er Jahre, im Pagenschnitt, wie man ihn aus Filmen etwa mit Charlie Chaplin kennt.
Streng blickte sie mich eine Weile an, öffnete ihren grellrot geschminkten Mund und sagte mit schwerer, tiefer Stimme langsam und mit einem starken undefinierbaren Akzent: „Als Errrstes: Sie werden über alles, was hier in der Zeit Ihres Hierseins geschieht, strrrengstes Stillschweigen bewahren!“ (Blümel hat sich aber nicht daran gehalten, dachte ich, wenigstens hat er nicht gesagt, warum die Bewohnerinnen des Hauses so verrückt seien.)
„Ich zeige Ihnen Ihre Wohnung, wo Sie Ihre Tasche abstellen! Dann folgen Sie mir in die Werrrkstatt, wo Sie sich mit Ihren Aufgaben vertraut machen! Geld gibt es erst am Schluss.“ – Das Wohnzimmer enthielt wirklich alles, was ein an Luxus nicht gewöhnter Mensch so alles brauchte, es war einfach und geschmackvoll eingerichtet. Durch eine Tür gelangten wir in ein Badezimmer, in dem eine ausladende Badewanne stand, und die nächste Tür öffnete den Zugang – zum Klo.
Ich konnte allerdings nicht meinen Blick von den Beinen und den wohlgeformten Rundungen des Hinterteils der vorausgehenden Haushälterin lösen. Sie fühlte sich wenigstens nicht von SSK-Problemen belastet, mein Freund verriet mir einst flüsternd die Auflösung der Abkürzung: „Sichtbare Slip-Konturen“. Eigentlich etwas Albernes und Überflüssiges, haben die keine anderen Probleme, in Zeiten der Strings und Tangas – ich konnte mir als Mann gar nicht vorstellen, wie tief diese schmalen Stoffteile in empfindliche Körperteile einschneiden würden. Die Haushälterin jedoch ließ die Konturen eines einfachen hergebrachten Hüfthöschens erkennen.
Das Klo - Das Herz heraus!
Und nun erst die Toilette! Die Haushälterin ließ sich vernehmen: „Nach der Benutzung hängen Sie das Herrz hier herraus!“ Sie öffnete die letzte Tür der Wohnung, die auf einen Flur führte und entfernte sich mit den Worten. „Ich hole Sie in einer Stunde und zeige Ihnen Ihre Aufgaben!“
Der Toilettengang schien mir jetzt wirklich nötig zu sein. Wie sah es aber hier aus? Da stand kein Wasserklosett, sondern ein mit hellgrauem Leder bezogener Sessel mit Armlehnen. Ein Deckel verbarg eine eingelassene Blechschüssel, die am Boden mit etwas Wasser gefüllt war, wie ich es einst im Krankenhaus kennengelernt hatte, wo Steckbecken und Kackstühle ebenfalls mit etwas Wasser gefüllt waren. Ein Eisenständer hielt eine mit Wasser gefüllte Schüssel aus Steingut, offenbar nur zum Händewaschen. Alles wie früher, wie ganz früher! Auf einem Bord lagen Zellstoffstreifen – Papierrollen gab es hier nicht – standen Seifenbehälter und Büchsen. An der Wand hing ein rotes Herz aus Pappe, das man im Anschluss vor die Tür hängen sollte.
Seufzend zog ich die Hosen herunter und suchte es mir auf dem Sessel bequem zu machen, was hier reichlich ungewohnt war.
Und bevor ich tatsächlich nach einigen Minuten „das Herz heraushängte“, muss ich den geneigten Leser wieder enttäuschen! Ich werde nichts erzählen von dem, was hier aus mir heraus kam, was hier so viele Leser interessiert und was fotografiert und gefilmt wird. Das will ich nämlich alles gar nicht so genau wissen. Ich bin nämlich in Wirklichkeit „verklemmt und prüde“,

wie so mancher sagen wird, der offener mit all dem umgeht und hier auch sehr drastisch darüber schreibt, nichts von Geräuschen,
für mich sind dann „prüde und verklemmte“ Menschen nichts Fremdes, nichts Schlimmes sondern sie sind ebenso erzogen wie ich, dass man nicht „Scheisse“ sagen darf, sondern höchstens „Scheiss-Wetter heute“, und „kacken“ klingt noch ordinärer als dieses Wort, und man verlässt den Ort, wo es riecht, möglichst schnell, und redet mit niemandem darüber …
... langweilig! aufhören!!! Was der Kerl hier für einen Quatsch erzählt!
Außerdem sind wir hier, nicht zu vergessen, unter der Rubrik „Kackgeschichten Girls!“
Ich habe ja angekündigt, dass das eine saublöde Geschichte werden wird! aber Ihr werdet zu gegebener Stunde hoffentlich auch noch auf Eure Kosten kommen, wenn auch nur die Leser mit den erotischen Träumen, und dann kommen die Frauen, versprochen! -
sondern erzähle nur von meiner einen großen, zugegeben total unerotischen und sehr ernüchternden Sorge, die ich aber niemandem, der nicht vorhandenen Frau oder dem Freund erzählen würde:
Bekomme ich mit diesem Zellstoff meinen Hintern jemals sauber? Warum haben die hier so eine mittelalterliche Anlage, in der man sich nicht einmal den Po abspülen kann, ob nun mit links, wie die Araber, oder mit Rechts, merkt hierzulande sowieso keiner! Doch halt, da ist ja noch im Bad die Badewanne, die hat zwar keinen Duschkopf, aber die kann ich mir noch einlaufen lassen!
Nach einer Stunde klopfte die Haushälterin und führte mich in die wenige Meter weiter befindliche Werkstatt. Auf einer Staffelei stand ein altes Gemälde. Ich erstarrte: Hier ging es um Millionen! Und das konnte ich wirklich als einer von ganz wenigen in der Welt beurteilen.
Auf dem Tisch lag ein rosafarbenes Blatt Papier, auf dem Elzbiet Hassenfratz mit ihrer zierlichen und dennoch schwungvollen Handschrift festgehalten hatte:
„Ich erwarte jeden Tag schriftlichen Bericht! Am Schluss einen Abschlussbericht. Ob es zu einer
Abschlußsitzung mit Uns kommt, hängt von Ihnen ab. Amira hat Meine Anweisung, Ihnen in jeder Hinsicht entgegen zu kommen, wenn Ihre Ernsthaftigkeit beim Arbeiten überprüft ist! E. H.“