Naturpark-Ranger

[bluemoon]

Letztens hat unser Betriebsrat einen Ausflug ins Allgäu organisiert.
Man konnte sich für unterschiedliche Aktivitäten anmelden und ich stand auf der Liste „Expedition Nagelfluh - geführte Wanderung“.
Wir waren knapp zehn gestandene Männer und sollten von einer zierlichen Forst-Studentin geführt werden, die sich als „Naturpark-Ranger“ vorgestellt hatte.
Von Kopf bis Fuß war sie in das beeindruckend schicke Outfit diverser Outdoor-Firmen gekleidet: Auf den teuren Stiefeln prangte ein Abzeichen mit Wolf, Hose und Jacke waren von Berg-Logos geziert und auf dem breitkrempigen, olivgrünen Hut linste ein eingerollter Fuchs stolz auf uns herab.

Wir grinsten uns an und nahmen sie nicht so ganz ernst, was bestimmt auch an dem mädchenhaft strohblonden Pferdeschwanz lag, der unter ihrem Hut wippte.
Tobias vom Controlling flüsterte mir zu, dass er sie gerne ein Stück tragen würde, wenn sie nicht mehr mit uns Männern mithalten könnte.

Das Grinsen verging uns gründlich bei zwei Stunden steilem Aufstieg.

Das Wetter war bescheiden, immer wieder nieselte es und wir schmorten in den Regenklamotten im eigenen Saft. Unser Ranger hüpfte dagegen leichtfüßig voraus, wies uns hier auf eine Besonderheit und dort auf eine seltene Pflanze hin.
Von Anstrengung bei ihr keine Spur, während wir anderen schnauften und keuchten.

Als wir endlich an der Hütte angekommen waren, sah sie immer noch aus, wie direkt einem Outdoor-Katalog entsprungen, während wir Männer nass, verschwitzt und vom schlammigen Weg verdreckt waren.
Die Hütte war eine Enttäuschung: Normalerweise bewirtet, war heute Ruhetag. Sehnsüchtig blickten wir auf die verrammelten Fensterläden. Schön wären jetzt eine ordentliche Brettljause und ein Krug Bier.
Warum hatte ich mich bloß für die Wanderung und nicht für die Brauereiführung eingetragen?
Zumindest schloss unsere Führerin für uns die Toiletten auf.

Wir stellten unsere Rucksäcke auf die derben Holztische, lehnten uns erschöpft an die Bänke. Hinsetzen konnten wir uns aufgrund der Nässe nicht.

Unser Ranger beendete ihren Vortrag über Dam- und Rotwild, sagte lächelnd, dass Fragen kurz warten müssten und sie gleich wieder da sei.
Sie verschwand im Haus und wir hörten über die gekippt stehenden Oberlichter hastige Schritte und Türengeklapper.
Eine Gürtelschließe klirrte und dann war kurz Stille, bevor mehrere platschende Geräusche ertönten. Ein Furz folgte und dann entlud sich krachend und lang anhaltend offenbar ein gewaltiger Durchfall in mehreren Schüben.

Die Reaktion von uns Männern war interessant: Manche grinsten süffisant, manche - vor allem die älteren - blickten betreten zu Boden. Andere taten so, als würden sie nichts davon mitbekommen.

Es dauerte bestimmt zehn Minuten, bis die Spülung rauschte und unser Ranger wieder auftauchte, ein unverbindliches Lächeln auf den Lippen.

„Ich habe Imodium dabei, falls sie welches brauchen.“ Unser Chef-Buchhalter war nicht gerade für seine Feinfühligkeit bekannt.
Das Gesicht der Studentin wurde kurz blass, dann feuerrot, als sie die offenen Lüftungen entdeckte und das auch draußen deutliche Plätschern vernahm, mit dem der Spülkasten sich wieder füllte.

Sie hatte sich aber bewundernswert schnell wieder gefangen. Leicht verlegen grinste sie in die Runde und klapperte mit dem Schlüssel: „Also, wenn sonst keiner muss, schließe ich wieder ab. Beim nächsten Mal werde ich versuchen, schon unten alles los zu werden. Dann brauche ich den Ballast nicht erst hier hoch zu schleppen… So, können wir dann weiter?“

[storyteller1]

Da hat´s jemand dann so richtig krachen lassen...

Hat man vorher nichts bemerkt, daß sie sich den Bauch hielt, oder mal in den Knien gefedert hat, o.ä.?
Aber cool reagiert hat sie trotz alledem.

[bluemoon]

Nee, überhaupt nicht! Wie gesagt ist sie bergauf gehüpft, wie ein junges Reh, während wir anderen kaum mithalten konnten.
Entweder es ging bei ihr erst los, als sie ihren Vortrag vor der Hütte gehalten hat, oder sie hat sich nichts anmerken lassen. Ich vermute, das Erste, sonst wäre sie wohl sofort bei der Ankunft auf dem Klo verschwunden...

[macido]

Danke für die beindruckende Geschichte